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Leibphilosophie

Es gibt in der Gegenwart verschiedene leibphilosophische Richtungen. Am bekanntesten in Deutschland ist die "Neue Phänomenologie" von dem Philosophieprofessor Hermann Schmitz aus Kiel, der im Anschluß an die alte Phänomenologie von Husserl seine neue dahingehend erweitert hat, daß es nicht nur um die Selbstbeobachtung von Bewußtseinsakten geht, sondern um die eigenleibliche Erfahrung, auch in Schmerzen und anderen Spürnissen. Der Leib wird philosophisch mit "Leibinseln" detailliert beschrieben. Dabei ist aber wohl davon auszugehen, daß seine Theorien über Schmerzen basierend auf der Leibinseltheorie von der neueren Hirnforschung schon überholt ist. Ein Fachkollege von ihm, Gernot Böhme, hat neue leibphänomenologische Elemente in seine Arbeiten aufgenommen. Bedauerlicherweise hat er meine Leibphilosophie nicht erwähnt, obwohl sie ihm seit 20 Jahren bekannt war und er auch mein Doktorvater war zu meiner Arbeit über die Philosophin Helene Stöcker.

Auf der Jahrestagung 2006 der Gesellschaft für Neue Phänomenologie luden Hermann Schmitz und seine Vorstandkollegen mich ein, meinen leibphilosophischen Ansatz am Beispiel des Themas "Macht" vorzustellen. Der Vortag wurde sehr interessiert und hochgelobt aufgenommen. Er lautete: Die Macht des Denkens  -   Die Macht der Denker   am Beispiel auch von Sappho und Hannah Arendt. (Zum 100 jährigen Geburtstag von Hannah Arendt schrieb ich folgende Sendung für den SWR). Dieser Vortrag ist allerdings mit fadenscheinigen Gründen nicht die die Veröffentlichung der Tagungsvorträge aufgenommen worden.

In den USA hat der Philosophie- und Psychologieprofessor Gene Gendlin aus Chicago und New York ein "Körperbezogenes Philosophieren" entwickelt (Focusing) das hauptsächlich in der psychologischen Praxis verwendet wird. Die philosophischen Grundlagen dazu erweitern die gängigen Philosophiekonzepte  einer reinen Geistestätigkeit auf das spürbare Zusammenwirken von Geist und Körper. Es gibt einen Gedankenaustausch per Email zwischen Gendlin und Stopczyk, sowie auch Gastveranstaltungen von Stopczyk in deutschen Ausbildungslehrgängen des "Focusing".
Der amerikanische Philosophieprofessor Richard Shusterman entwirft in seiner "Someästhetik" ebenfalls eine Philosophie von der Leiblichkeit her und plädiert für eine pragmatische Philosophie, die im Lebensalltag anwendbar ist. Er erläuterte auf einer Jahrestagung der Helene Stöcker Gesellschaft diesen Ansatz.

In der Theologie beschäftigt sich Elisabeth Moltmann-Wendel in ihren Büchern mit der Leiblichkeit als spirituelle Erfahrung und führte dabei auch in die Leibphilosophie ein, wie Stopczyk sie entwickelt hat. Sie favorisiert den Begriff "Körper" statt, "Leib", weil der Leibbegriff in der Theologie durch die Sakramentenlehre entkörperlicht ist. Stopczyk und Moltmann-Wendel meinen aber inhaltlich dasselbe, auch wenn es historisch sinnvoll scheint, in der Philosophie und der Theologie verschiedene Worte zu benutzen.

Vorläufer leibphilosophischer Richtung sind: Kant und Hegel (als Philosophen der Selbstbeobachtung der Phänomene Vernunft und  Geist - Phänomenologie genannt), Husserl, Brentano, Nietzsche, Merleau Ponty.  

Annegret Stopczyks leibphilosophische Arbeit bezieht die politische Dimension unserer Leiberfahrungen mit ein und ebenso die Neueren Ergebnisse der Gehirnforschung. Die Geschlechterphilosophie hat hier ihren Platz genauso wie Kulturphilosophie und Weisheitslehren. Der Begriff  "Leibphilosophie" , den Stopczyk 1987 für ihre Philosophische Arbeit als Kennzeichen definierte, hat sich inzwischen auch in anderen Philosophien zur Leiblichkeit eingebürgert. Stopczyks Leibphilosophie ist eine "spezielle integrierte Leibphilosophie", ein eigener philosophischer Ansatz. Stopczyks hauptsächliches Buch dazu ist "Sophias Leib - Der Körper als Quelle der Weisheit". Leibphilosophie ist ein Forschungsweg, an dem Annegret Stopczyk immer weiter arbeitet. Oft wird sie zu Veranstaltungen ihrer "Einführung in die Leibphilosophie" eingeladen, wo sie mit gehirngerechten Methoden ins eigenleibliche Philosophieren einführt. Sie nennt diese Methode "Begriffsleibkontemplation".

In ihren Studiengängen lehrt sie seit 2008 Leibphilosophie als Spezialgebiet für die Philosophischen Praxis.

 Einige Vorträge und Aufsätze  zur Leibphilosophie

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Beim Radfahren fallen mir die besten Ideen ein ...

Leiblichkeit - Eine ethische Herausforderung für unsere zeit. Kurzaufsatz in der Zeitschrift des WHC (Woman Health Coalition) 
Heilen im 3. Jahrtausend Eröffnungsvortrag auf der Internationalen Messe Medica  in Düsseldorf 2001 www.aerztezeitung.de/medizin/medica_aktuell/mittwoch/ - 42k - Im Archiv - Ähnliche Seiten [ Weitere Resultate von www.aerztezeitung.de ]
Die Macht des Denkens  -   Die Macht der Denker  Vortrag auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Neue Phänomenologie, Universität Hamburg 2006
Vom Diesseits und Jenseits der Grenzen unserer Zeit  Vortrag auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Transaktionsanalyse 2005 in Lindau
Von Sappho (Hannah Arendt, Helene Stöcker) bis zur Leibphilosophie heute  Einführungsvortrag zur Philosophinnen-Ausstellung
Kant - Ein verkappter Leibphilosoph? Deutsch   Englisch  Aufsatz für ein internationales Kunstprojekt über Kant"Innovation, Kreativität und Wachstum"  aus leibphilosophischer Sicht 2006 Festvortrag auf der 25 jährigen Jubileumsfeier der Unternehmensberatung  MMT Hannover
Zeitungsartikel: Ich kaufe also bin ich, Bieler Philosophietage 2007
Leibbezogenes Philosophieren, auch als Coaching

Stopczyks eigene Geschichte der Leibphilosophie

Im Folgenden Text habe ich Ihnen etwas Allgemeineres über meine Leibphilosophie aufgeschrieben. Ich fügte zwei Zeichnungen ein, die auch in meinem Buch "Sophias Leib" zu finden sind. An diesen erläutere ich kurz, worum es mir geht.
1987 hatte ich zum ersten Male eine umfassendere Idee von dem, was ich jetzt "Leibphilosophie" nenne.
Seitdem schrieb ich an dem Buch "Sophias Leib" und probierte in verschiedenen Veranstaltungen meine Ideen aus, nicht nur trocken einen Vortrag zu halten, wie ich es vorher an der Universität tat, sondern das Denken zur leibhaftigen Selbsterfahrung der Anwesenden zu machen.
Dazu entwickelte ich einige Methoden, die sich noch immer als sehr sinnvoll erweisen.
Das Wichtigste vielleicht ist, daß ich "Leib" und "Körper" nicht gleich setze. Und hier beginnt das Rätseln. Was soll denn das Leibliche sein?
Die Philosophen Theodor W. Adorno und Max Horkheimer behaupteten in ihrem Buch "Dialektik der Aufklärung": "Unser Körper kann noch so sehr ertüchtigt werden, wir werden den Leib nicht mehr erreichen".
Doch, wir können "den Leib" erreichen, mit neuen philosophischen Methoden. Auch wenn in Deutschland die Philosophierenden noch an ihren Traumata der zwei Weltkriege zu leiden haben, so kann das Philosophieren sich doch neu kräftigen, wenn wir dieses Leiden an unserer sprachlos gewordenen Fähigkeit des Selberdenkens bewußt wahrnehmen und uns daheraus befreiend Formulierungen für das, was uns wichtig ist, finden.

 Wenn Sie diesen Text auf dem Bildschirm lesen und das Bild sehen, tut sich etwas in Ihnen, etwas, was sie meistens nicht bemerken. Was? 
Wenn sie einen Augenblick sich zurück lehnen und die Augen schließen, dann nehmen Sie alles das wahr, was "eigenleiblich" da ist, das "Leibliche".
Es ist sofort anders, wenn Sie die Augen wieder öffnen. Die Welt (Bildschirm) da draußen ist eine andere, aber diese Welt jenseits ihrer Haut hat in unserer Zeit und Kultur seit 2500 Jahren die meiste Sprache, so, als ob es Sie innen kaum gäbe.

Ich definiere den Begriff "Leib" nicht mehr so, wie wir das Definieren in der Schule und Universität gelernt haben. Die Wörter des eigenen Erfahrens sind meistens eher wie Felder, die mit anderen Feldern sich überschneiden, keine exakten Punkte wie in der kunstvoll definierten Mathematiksprache. Das Wort Leib meint ein bischen auch andere Wörter mit, hat Ähnlichkeiten zu verschiedenen Wörtern unserer Sprache. In der Zeichnung sehen Sie die verschiedenen verwandten Begriffsfelder. In unserer Alltagssprache verwenden wir die Worte mit unseren erlebten Hintergründen, die selten exakt sind. Darauf wies auch schon Ludwig Wittgenstein hin. Ich führe das Wort "Leib" mehr in die Mitte zwischen all diesen Wörtern verschiedener Begriffstraditionen. Es geht dabei nicht um das Abgrenzen, sondern das Zugleichsein in Vielem und dennoch genau sein beim Erkennen und Erfahren. Es ist sozusagen eine "Feldtheorie" der Sprache.
Das Wissenschaftsideal besonders in Deutschland geht davon aus, daß wir uns selber zu vergessen haben, wenn wir objektiv denken wollen.
Aber was ist das für eine "objektive Erkenntnisweise", die einen großen Teil von Welterfahrung auszuschließen versucht, anstatt so integrativ wie nur möglich zu sein? 
Es geht beim Selberdenken oder Philosophieren darum, sich mit der Welt "da draußen" zugleich wahrzunehmen, die eigene Weltsicht zu bemerken, zum Ausdruck zu bringen und zu sehen, wie andere Menschen dazu stehen. Das Eigene Denken kommunizieren können, ohne daß uns eine offiziell richtige Lehre sagt, wie wir zu denken haben, das sehe ich als Aufgabe des Philosophierens an. 
Wir haben in Deutschland erfahren, wie schädlich große Welterklärungen sein können, die mit politischen Wahrheitsansprüchen aufgetreten sind und andere Wahrheiten als Bedrohung sehr praktisch mit Kriegen und Mauerbau bekämpft haben. Die meisten Menschen möchten sich daher hierzulande nicht mehr mit großartigen Gedanken beschäftigen, sie sind müde vom Kämpfen für ihre Überzeugungen. 
Diese Müdigkeit sehe ich als große Chance an, feiner sich selber zu bemerken beim Philosophieren, weil uns an großen Worten und Gesten wenig liegt. Wir sind gebrannte Kinder unserer Geschichte.
Wie die Menschen in Berlin auf der Straße über das Philosophieren denken, habe ich in Straßeninterviews erfahren und in meinem Buch "Nein danke, ich denke selber" berichtet.

Selber-denken und nicht nur Nach-denken, das möchte ich mit meiner Leibphilosophie anregen. 

Philo-Sophia heißt auch, Liebe zur Weisheit. Und die Weisheit ist eine Erkenntnisweise, die sich aus der Lebenserfahrung bezieht. Wenn in der zumeist abstrakten akademischen Philosophiewissenschaft gefordert wird, möglichst von der subjektiven Lebenserfahrung abzusehen um das Leben möglichst aus der Ferne zu kommentieren, dann ist das eigentlich keine "Philo-Sophie", sondern eine "Philo-Logie", eine Liebe zur Begriffslehre. Wir sollen Bücherwissen lieben und unser Lebenswissen nicht als solches erkennen und anwenden.
Aber wenn wir nur mit auswendig gelernten Wörtern oder Begriffen denken ohne unsere feine eigenleibliche Wirklichkeit mit zu berücksichtigen, bleibt das Philosophieren eine für andere Menschen abstrakte und unangenehme Angelegenheit und für einen selber wie ein Rad, in dem ich als Hamster ständig im Kreis laufe.
Dabei geht es mir nicht darum, Bücherwissen zu verachten. Viele philosophische Bücher sind mit dem ganzen Leben von einzelnen Philosophinnen und Philosophen geschrieben, sie haben sich ganz darin hingegeben und für ihr Werk gelebt.
Aber für uns selbst heute brauchen wir neue Verbindungen zu eigenen Welterfahrungen, um Gedanken da heraus zu schmieden, Gedanken, die ganz andere sind, denn eine solche Welt wie heute, mit unseren Verantwortungsproblemen, gab es früher nicht. 
Meine Leibphilosophie ist mein Versuch, in dieser jetzigen Welt philosophierend zu existieren und ich freue mich, wenn andere Menschen von meinen Gedanken und Übungen sich inspiriert fühlen, auch mehr selber zu denken und zu neuen ideen und Handlungsmöglichkeiten kommen.
Philosophieren als selbstdenkende Tätigkeit ist eine Kunst, weniger eine Wissenschaft. Aber dennoch ist die Wissenschaft der philosophische Systeme an den Universitäten eine sinnvolle Einrichtung, weil wir kreativ Philosophierenden sonst vielleicht schon gänzlich ausgestorben wären. Päpste, Könige, Kaiser und Präsidenten brauchen uns nicht mehr. Erstmalig in der abendländischen Geschichte sind wir frei, das zu denken, was wir denken können und wollen. Uns als Menschen selbständig zu entdecken. Damit das eine Chance bleibt, bin ich dafür, diese neue Freiheit als Gewinn zu interpretieren, weniger als Verlust von Verdienstmöglichkeiten, Ämtern und Posten.
Trotzdem glaube ich daran, daß mit Selberdenken auch in Deutschland wieder Geld zu verdienen ist. Vor allem Menschen in verantwortlichen Positionen stehen in der Anforderung, ihre Fitness zu optomieren, das heißt für mich aber nicht nur, den Körper zu trainieren, zu joggen und ins Fitnessstudion zu gehen, sondern auch, den Zusammenhang der Gedanken mit den Gefühlen so zu verstehen und wahrzunehmen, daß wir bewußt in der Lage dazu sind, die Inhalte unserer Gedanken und Gefühle selber so zu stimulieren, daß sie unseren Zielen zu sein und zu Handeln entsprechen können. Diese Thematik betrifft die Stressbalance, die durch körperbezogenes Philosophieren erreicht werden kann. Philosophische Praxis

Was mich vor vielen Jahren als Studentin der Philosophie stark beeindruckte, war das gebieterische öffentliche Denkverbot für Frauen, das bis heute noch in fast allen Kulturen der Erde größtenteils unbewußt und selbstverständlich eingehalten wird. In meinem Buch "Muse Mutter und Megäre - Was Philosophen über Frauen denken" habe ich die Denkweise, die solches Verbot rechtfertigt öffentlich dargestellt. Dabei wäre es eine wunderbare Bereicherung für uns alle, Männer wie Frauen, wenn auch die Talente von Frauen öffentlich wirksam wären. 

Aufklärung sei die Beendigung der selbstverschuldeten Unmündigkeit, schrieb Kant vor mehr als zweihundert Jahren. Er forderte, daß die Vernunft sich unzensiert frei auf dem Markt äußern können müsse. Dabei aber war es ihm selbstverständlich, daß nur Männer diese neuen aufgeklärten Menschen sein könnten, da er die Frauen lediglich als "Verstandeswesen" definierte, die der Vernunft nicht mächtig seinen. Ich lasse dahingestellt, wer hier um seine Vernunftvermögen als Kontrollinstanz über körperliche und leibliche Anwandlungen zu kämpfen hat, weil sie nicht stark genug ausgeprägt sind.

In meiner Leibphilosophie verbinde ich die Weisheitslehren europäischer Philosophie mit Leibwissen aus der eigenen und forschenden Leiberfahrungspraxis auch anderer Menschen heute. Es ist eine Liebe zur Weisheit, die unsere eigenleibliche Erfahrungswelt integriert und so zu Ideenverbindungen kommen kann, die uns viel näher nachvollziehbar und entwickelbar sind als das, was sonst zumeist unter Philosophieren verstanden wird.

Sie sehen hier auf dem Bild die beiden für mich wichtigen Stränge des Erkennens umeinander herum bewegen, so wie unsere Gene sich bewegen. Mehreres bewegt sich zugleich und ist im komplexen Zusammenspiel  lebendig.

Vielleicht haben Sie eine Ahnung davon bekommen, worum es mir geht? Mehr kann es sowieso auf dieser Site nicht sein.
Ich lade Sie dazu ein, meine Bücher zu lesen und mir ein Angebot für  philosophische oder ethische Veranstaltungen zu machen, oder in meine Philosophische Praxis in Stuttgart zu kommen.
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Annegret Stopczyk                                               
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