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Annegret Stopczyk-Pfundstein * 1951

Selber denken, selber
fühlen, selber handeln.

Annegret Stopczyjk-Pfundstein ist PhiIosophin. Wozu noch Philosophie angesichts der Ökonomisierung aller Lebensbereiche und der sie begleitenden Statistik als Leitwissenschaft? Die Antwort, die Annegret Stopcyk-Pfundstein auf diese — rhetorische — Frage gibt, ist überzeugend: „Bemerken, was geschieht. Initiieren, was ich sein will. Sein lassen können. Leben erfahren. Andere sehen. Da sein.“ Für sie ist Philosophieren eine wissenschaftliche Methode, „Leibwissen“ aus der eigenen Erfahrungsweft mit Weisheitslehren aus der europäischen Philosophie zu verbinden. Jenseits der abendländischen Spaftung von Geist und Körper wird Denken zu einer

ganzheitlichen Selbsterfahrung, in der man lernt, sich zu bemerken und zu bewegen. Damit hat ihr Philosophieren stets auch eine politische Dimension.
Annegret Stopczyk-Pfundstein entwickelte dieses Konzept als „Leibphilosophie“ in ihrem Buch Sophias Leib. Der „Leib“ ist hier ein Erfahrungsraum, in dem sich das „Ich“ mit dem „Leben“, die „Liebe“ mit dem „Bewußtsein“ trifft. Wir müssten lernen, so die Philosophin, in diesen Erfahrungsraum hinein zu horchen, um so individuelle Weisheitserkenntnis ziehen zu können. Philosophie helfe uns, diesen Weg zu entwickeln weil sie uns Denken und Fühlen lehre und zeige, was und wie Menschen vor uns gedacht hätten.
Trotz Jahrtausende alter patriarchaler Denkverbote für Frauen zeigt uns Annegret Stopczyk­Pfundstein Philosophie als Methode der Selbstautorisierung. Ihre Leibphilosophie speist sich aus feministischer Vernunftkritik ebenso wie aus dem Wissen um die ausgegrenzten Traditionen weiblichen Denkens. Damit wird ihre Philosophie auch zu einem wissenschaftlichen Weg, Denkansätze von Frauen und Mechanismen ihrer Leugnung aufzuspüren.
In Workshops führt sie Menschen an die Philosophie als „dienstbereite Lebensintuition“ heran. In Seminaren macht sie Führungskräfte mit den Potenzialen ethischen Denkens und Handelns für ihre Unternehmenskultur vertraut. In Vorträgen vermittelt sie hochkomplexe Debatten um ethische Fragen einem breiteren Publikum. Mit ihrer 2002 in Stuttgart gegründeten Agentur für angewandte Ethik und Philosophie holte Annegret Stopczyk-Pfundstein die Philosophie aus dem Elfenbeinturm der Spezialisten zurück ins alltägliche Leben.

Aus: Polititeia. Frauenproträts aus der deutschen Nachkriegsgeschichte. Der historische Wochenkalender 2007 Oktober 42.Woche erste Seite