Mag.a Romana Rotschopf
Statement
bei der Eröffnung der Ausstellung „Philosophinnen – Liebhaberinnen der
Weisheit“
Salzburg,
7. Juni 2004
Die
Philosophie ist weiblich, weil die Weisheit – die Sophía – weiblich ist;
und die Freundschaft, die Liebe – die Philía – ist auch weiblich.
Eine
verzerrte geschichtliche Entwicklung hat dazu geführt, dass die Zunft der
Philosophie hauptsächlich von Philosophen betrieben wurde.
Philosophinnen,
also kritische und kreative Denkerinnen wurden weder gefördert noch gehört.
Eine beklemmende Unterdrückungsgeschichte weiblichen Denkens (die ich hier
nicht auszubreiten brauche).
Gibt es
ein weibliches Denken? Vielleicht.
Auf jeden
Fall denken Frauen anders als Männer.
Ich
beziehe mich dabei nicht auf die Ergebnisse der Hirnforschung, sondern gehe von
einem soziologischen Ansatz aus: Nicht nur das Denken prägt die Wirklichkeit,
sondern auch die Wirklichkeit, die ganz konkrete Lebenssituation prägt die Art
des Denkens und die Gedanken, die logischen oder auch exaltierten Gedankengänge
oder auch –sprünge: das Herzstück der Philosophie.
Es mag
gewagt sein, wenn ich jetzt eine krasse Typologie aufstelle, aber zu diesem
Anlass wage ich es: Ich behaupte: Männer haben gezeigt, dass sie gut nachdenken können. Vordenken
– zumindest im letzten und im laufenden Jahrhundert – ist Sache der Frauen.
Und dies aus einem einfachen Grund: die Zukunftskonzepte von Frauen – sei es
in Fragen der Architektur, der notwendigen Synthese von Ökologie und Ökonomie
oder in sozialen Kernfragen – zeichnen sich durch Nachhaltigkeit und
Zielgruppenorientierung aus. Frauen müssen nicht mühsam lernen, für andere zu
denken, die Folgen für Natur und Umwelt abzuschätzen – das können sie.
Was
Frauen schlecht können, ist das Nachsinnen über Ideen „an sich“, das
Anstellen von Spekulationen über vergangene Zustände und nicht wirklich
relevante Zusammenhänge. Darin sind Männer Spitze; nicht alle, aber viele…
Oder können
Sie sich vorstellen, dass eine Frau – zum Beispiel die Kirchenlehrerin
Katharina von Siena – sich Gedanken darüber gemacht hätte, ob das Stück der
Vorhaut Jesu, das bei seiner Beschneidung am 8. Tag entfernt wurde, mit ihm am
dritten Tag nach seinem Tod mit auferstanden ist – oder nicht?! Gedankenspiele
dieser Art, für die Männer selbst den Begriff „Hirnwichserei“ erfunden
haben, blieben Thomas von Aquin und seinesgleichen vorbehalten.
Diese
Ausstellung ist wichtig, weil sie Verdecktes und Verstecktes, ja Unterdrücktes
im immer vorhandenen Gedankenstrom von Frauen durch die Jahrhunderte ans Licht
bringt: in geballter Ladung wird die scharfe Analyse, die kreative Aufmüpfigkeit
und die oftmals perplex stimmende Realitätsbezogenheit und Klarheit von
Philosophinnen präsentiert. Vordenkerinnen eben.
Weibliches
Denken ist proaktiv –
handlungsanstiftend. Und hier spielen auch die Populärphilosophinnen von Alice
Schwarzer bis zu Elfriede Hammerl eine wichtige Rolle, weil sie selbst für ihre
Visionen ein- und geradestehen und dies nicht einfach anderen oder der amorphen
Allgemeinheit überlassen.
Bleiben
wir kurz bei Alice Schwarzer und einer sehr wichtigen ihrer Thesen: „Der erste
feministische Schritt ist die Versöhnung der Frauen mit den Frauen – und
damit auch mit sich selbst.“ (aus:
Ursula Scheu (Hg.): Lexikon der Frauenzitate, Diederichs 2002, Seite 67)
Dieser
Gedanke wird gerade in diesem „Zentrum Bildung“ und von diesem Zentrum
Bildung aus mit großem Engagement und Kompetenz verwirklicht; nicht in
ausufernden Symposien zu Theoriekonflikten und Paradigmenwechseln, sondern in
ganzheitlichen Bildungsangeboten, die Ernst machen mit der Einsicht, die wir
Philosophinnen wie Martha Craven Nussbaum verdanken. „Emotionen sind Urteile
über Wert und Wichtigkeit“ (vgl.
Ausstellungskatalog).
Menschen, Frauen und Männer, sind als Ganzes zu sehen – mit ihrem Denken,
ihrem Fühlen, ihrem Geist und ihrem Körper…
Als
Frauenbeauftragte des Landes Salzburg stehe ich nicht nur für sachlich begründete,
faire Gestaltung von Finanzströmen und begleitende Evaluation in Zeiten knapper
öffentlicher Kassen; mein Anspruch war immer – und wird es auch bleiben –
im Rahmen des Möglichen kreativ, lustvoll und innovativ zu wirken. Von daher
bin ich eine Anhängerin der Graffiti-Philosophie. Vielleicht eine Anregung für
eine Folgeausstellung in ein oder zwei Jahren, bei der dann auch das berühmte
Zitat „A woman without a man is like a fish without a bicycle“ Platz haben
kann.
Wussten Sie eigentlich, wie dieser Spruch
entstanden ist? - Irina Dunn, eine australische Studentin hat ihn 1970
geschaffen – als Paraphrase auf einen Satz in einem Lehrbuch, der lautete:
"A man needs God like a fish needs a bicycle". Ihre Paraphrase "A
woman needs a man like a fish needs a bicycle" schrieb bzw. kritzelte sie
auf zwei Damentoiletten, eine an der Universität von Sidney und eine andere in
einem Lokal.
Vor ein paar Jahren, als der etwas veränderte
Spruch bereits weltberühmt war, wurde sie gefragt, ob sie bedaure, sich kein
Copyright gesichert zu haben. Darauf sagte sie: „Yes, I suppose. I could have
made some money out of it, but it's too late now and it's fun to see what's
happened to it.“ (siehe:
www.geocities.com/SiliconValley/Vista/3255/herstory.htm)
Es macht Spaß zu sehen, was Gedanken bewirken können. Ich hoffe, uns
allen.
Recherche:
Mag. Paul Arzt